Interview|

Paperless Logistics

Wie helfen standardisiert digitale, und damit papierlose, Prozesse uns und unseren Kunden, CO2-Emissionen und gleichzeitig Kosten zu senken?

Wir haben unseren Kollegen Dr. Jens Muth-Böhm interviewt, der als Teil unseres Digital Acceleration Teams Wert für unsere Kunden und deren Endkund:innen schafft, indem mithilfe digitaler Lösungen die operative Effizienz gesteigert wird.

Worum geht es bei der Paperless Logistics Initiative?

Es gibt zwei Hauptgründe, warum wir diese Initiative ins Leben gerufen haben: Erstens wird das Thema Nachhaltigkeit für unsere Kunden immer wichtiger, und auch wir bei Arvato verfolgen einen konkreten Aktionsplan, um bis 2030 klimaneutral zu werden. Zweitens sind papierbasierte Prozesse aufgrund des Verbrauchsmaterials, der damit einhergehenden Produktivität und ihrer hohen Anfälligkeit bedingt durch die Abhängigkeit von Druckerinfrastruktur ineffizient und kostspielig.

Daher zielt unsere Paperless Logistics Initiative darauf ab, alle Dokumente mit hohem wiederkehrenden Druckaufkommen zu digitalisieren und die damit verbundenen logistischen Prozesse zu optimieren. Dazu gehören neben Endkund:innendokumenten wie Rechnungen und Lieferscheine ebenso Dokumente, die in Lagerprozessen verwendet werden, z. B. Picklisten oder Ladelisten.

Unser papierloser Ansatz bietet uns nicht nur die Möglichkeit, Papier und Energie zu sparen, um unsere Nachhaltigkeitsziele zu erreichen, sondern auch einen Hebel, Kosten zu senken.

Dr. Jens Muth-Böhm Director Digital Projects

Wie wird die Digitalisierung von Endkund:innendokumenten in bestehende Logistikprozesse integriert und wie trägt dies zu Nachhaltigkeit bei?

Man stelle sich eine B2C-Bestellung vor, bei der eine Rechnung, ein Lieferschein, ein Rücksendeschein und ein Rücksendeetikett gedruckt und dem Paket beigelegt werden. Angesichts der großen Anzahl jährlicher B2C-Bestellungen drucken Unternehmen jedes Jahr Millionen von Seiten Papier, was durch Digitalisierung vermieden werden kann: Endkund:innen können Dokumente dann z. B. per E-Mail erhalten oder einfach in ihrem Kundenbereich des Webshops herunterladen. Aus diesem Grund sind insbesondere Endkund:innendokumente ein wichtiger Schwerpunkt unserer Initiative.

Zur Digitalisierung der Dokumente haben wir ein Dokumenten-Management-System (kurz DMS) aufgebaut, das unsere bereits vorhandenen Dienste (z. B. ein revisionssicheres Archiv) mit einer Lösung zur digitalen Bereitstellung von Dokumenten für Endkund:innen verbindet. Die digitale Bereitstellung der Dokumente kann problemlos in bereits exisitierende Logistikprozesse integriert werden, da das DMS direkt an die bestehende Infrastruktur wie SAP oder Lagerdienste gekoppelt ist.

Welche Auswirkungen hat die Digitalisierung auf Effizienz und Genauigkeit unserer Logistikprozesse?

Papierlose Prozesse machen das Logistik-Leben leichter. Durch die transparente und zielgerichtete Kundenkommunikation entstehen weniger GDPR-bezogene Probleme und weniger Reklamationen. Außerdem verkürzen sich die Bearbeitungszeiten in der Logistik, sie werden skalierbarer und können flexibler an Veränderungen im Unternehmen angepasst werden. Eindeutig erkennbar beispielsweise am Verpackungsprozess im Lager: Mitarbeitende müssen nicht länger auf ausgedruckte Dokumente (z. B. eine Rechnung) warten, bevor Pakete verschlossen werden können. 

Gibt es Herausforderungen bei der Umstellung auf digitale Endkund:innendokumente? Wie können diese überwunden werden?

Ja, es gibt einige Herausforderungen. Unsere Kunden sind oft besorgt, dass ohne Papierrechnungen die Zahl der Zahlungsausfälle und Kundendienstanfragen steigen wird. Aber unsere Daten und Fakten belegen diese Befürchtung bei Kunden, die auf papierlose Prozesse umstellen, nicht. Natürlich muss eine solche Transformation aber immer sorgfältig gesteuert und vorab rechtzeitig kommuniziert werden, um anfängliche Bedenken auszuräumen.

Oftmals konzentrieren sich Nachhaltigkeitsstrategien unserer Kunden auf den Herstellungsprozess. Indem wir auf Best Practices ähnlicher Unternehmen verweisen und diese vorstellen, raten wir und unsere ESG-Expert:innen aber dazu, wirklich alle Aspekte einer nachhaltigeren Produktion in den Blick zu nehmen - auch die Lieferkette.

Welche Vorteile können unsere Kunden von digitalisierten Endkund:innenrechnungen/-dokumenten erwarten?

Die Vorteile entstehen auf mehreren Ebenen: Die Vermeidung von unnötigem Verbrauchsmaterial zahlt klar auf ökologische Nachhaltigkeit ein. Dazu können  Kosteneinsparungen durch einen reduzierten Bedarf an Verbrauchsmaterialen, geringere Investitionen in die Druckerinfrastruktur und eine Verkürzung der Prozesszeiten erzielt werden. Schließlich profitieren Endkund:innen über die digitalisierte Dokumente von einem perfekten und schlanken Kundenerlebnis. Da die gesamte E-Commerce-Branche derzeit zu gänzlich papierlosen Prozessen übergeht, verlangen viele Kunden inzwischen von sich aus vollständig digitale Services.

Wie passt die "Customer Experience Cloud" in die Paperless Logistics-Initiative und worum geht es dabei?

Die "Customer Experience Cloud" (CXC) ist unser digitales Produkt zur Verbesserung des Einkaufserlebnisses für Endkund:innen unserer Kunden. Einer der wichtigsten Dienste ist das "Online-Retouren-Center", ein vollständig digital verwalteter und integrierter Service, der es den Endkund:innen ermöglicht, ihre Retouren papierlos zu registrieren. Die Möglichkeit, einen QR-Code für Speditions- und sogar Einzelhandelsretouren zu generieren, lässt vorgedruckte Retourenetiketten überflüssig werden.

Darüber hinaus können andere Rücksendungsdokumente in Papierform eingespart werden, da alle relevanten Informationen mit der digitalen Rücksendungsregistrierung bereitgestellt werden. Für ein durchgängig papierloses Erlebnis ist die Digitalisierung von Rechnungen und Lieferscheinen über das Dokumentenmanagementsystem ein wichtiger Bestandteil unseres Angebots. 

Gibt es Beispiele für papierlose First Mover bei Arvato? Welche Zahlen zeigen Auswirkungen papierloser Logistik?

Einer unserer Kunden, ein deutscher Schuhhersteller, der den europäischen Markt bedient, hat komplett auf papierlose Prozesse umgestellt: sowohl für seine Endkund:innen als auch für die Prozessdokumente im Lager. Ein anderer Kunde, ein europäischer Marktführer in der Modebranche, hat seine Endkundenkommunikation mittlerweile vollständig digitalisiert und spart damit 2,2 Tonnen Papier - pro Woche!

Ein japanischer Hersteller von elektronischen Bauteilen wiederum hat proaktiv den papierlosen Ansatz für B2B-Bestellungen eingeführt. Seine Kunden können konfigurieren, welche Dokumente weiterhin in Papierform benötigt werden und welche digital zur Verfügung gestellt werden können. Selbst das ermöglicht ein massives Einsparungspotenzial.

Andere Kunden setzen vermehrt auf hybride Lösungen: Dokumente werden digital und in Papierform bereitgestellt, mit dem Ziel, in Zukunft auf Papier zu verzichten. Hier geht es für die Unternehmen darum, das Kundenverhalten schrittweise und behutsam anzupassen. 

Ausblick und Aufruf zum Handeln: Wie kann man sich die Zukunft der papierlosen Logistik und der Digitalisierung von Prozessen mit Blick auf Nachhaltigkeit vorstellen? Welche weiteren Schritte sind vom Digital Acceleration Team geplant, um digitale Logistik voranzutreiben?

Wir haben schon viel erreicht - und stehen dennoch erst am Anfang. Ich freue mich, dass Prozesse für neue Kunden bereits so papierlos wie möglich gestaltet werden und dass Veränderungen innerhalb der Organisation zunehmend mit dem Ziel der Papiereinsparung vorangetrieben werden. Insgesamt bietet uns diese Initiative die Möglichkeit, nicht nur Papier und Energie zu sparen und damit zu unseren Nachhaltigkeitszielen beizutragen, sondern auch Kosten zu reduzieren.

Allerdings muss noch viel Überzeugungsarbeit, gerade bei den Endkund:innendokumenten, geleistet werden - und das braucht Zeit. Eine enge Zusammenarbeit mit unseren ESG-Beauftragten hilft uns dabei, die Botschaft verstärkt zu transportieren. Die Umstellung auf papierloses Arbeiten kann unsere Nachhaltigkeitsstrategie und - was ebenso wichtig ist - unsere finanzielle Leistung deutlich verbessern. Es ist daher nie zu spät und nie zu früh, mit der Umstellung zu beginnen.

Was können unsere Mitarbeitenden tun, um das Ziel, ein vollständig papierloses Logistikunternehmen zu werden, zu unterstützen?

Eine ganze Menge und das fängt im Kleinen an: Oft lässt sich die Verwendung von Papier aus organisatorischer Sicht vermeiden. Man sollte jedes Mal die Frage stellen, ob ein bestimmtes Dokument wirklich gedruckt werden muss. Außerdem sollte man proaktiv auf den jeweiligen Ansprechpartner zugehen, um über Ideen zur Digitalisierung der Prozesse zu sprechen.